Sonntag, den 22. November…

Iglau. Sonntag, den 22. November, fand im größten Saale Iglaus eine Morris Rosenfeld-Vorlesung statt. Die ein­leitende Konferenz hielt Herr Professor Dr. Max Eisler unter dem Titel: “Von jüdischer Kunst”. Der geistvolle Vortrag, eine kurze aber klare Be­sprechung der ostjüdiscben Dichtkunst und der Stellung Rosenfelds in derselben, machte auf das Publikum tiefsten Eindruck und war eine glückliche Vorbereitung für den Dichter und seine Rezitatoren. Morris Rosenfeld trug mit gewohnter Innigkeit und der ihm eigenen originellen Vortragskunst sechs seiner neueren und älteren Gedichte vor. Er wurde mit Beifall überschüttet, ebenso wie die beiden Rezitatoren, der Schauspieler Ferdinand Onno vom königl. deutschen Landestheater in Prag und cand. phil. Heinrich Wittmann von der Präger “Barissia”. Der Abend war fast von der ganzen jüdischen Bevölkerung Iglaus besucht. Dem Komitee, das von sämtlichen jüdischen Vereinen Iglaus ge­ bildet wurde, namentlick seinem unermüdlichen Obmann Kais. Rat Gustav Hellmann, dem Kassier des Komitees Jonas Heim, Zahnarzt Albert Pokorny und der Leitung des Jüdischen
Volksvereines “Theodor Herzl” gebührt besonderer Dank für ihre außerordentliche und erfolgreiche Tätigkeit. Auf einen speziellen Dank hat auch das Damenkomitee Anspruch, das durch seine unermüd­ liche Agitation die außerordentliche Beteiligung der iglauer Judenschaft ermöglicht hatte.

Jüdische Volksstimme (Brünn), 9. Jahrg., 1. Dezember 1908, Nr. 34, S. 5. Online